Optischer Nachtrag aus dem Camp
30.06.10
28.06.10
Der dritte und letzte Tag in Strausberg geht seinem Ende zu und ich bin geschafft. Die zwei täglichen Trainingseinheiten in der prallen Sonne haben mich einfach dahingerafft. Nicht nur dass der erste Tag mit Anreise, Theoriestunden, Trainingseinheiten und Videoanalysen für mich knappe 13 Stunden gedauert hat, am zweiten und dritten Tag ging es nicht minder flott weiter.
Nachdem am Freitag das praktische Training noch ein wenig chaotisch war, weil sich alle wieder in ihre Positionen und Teams finden und auch die Spielzüge wieder neu aufeinander abgestimmt werden mussten, ging es wieder mit frischem Elan und neuer Motivation wieder auf das glühende Kunstrasenfeld.
Vom Training schubbern regelmäßig noch diverse Granulatbrocken in Schuhen und anderen Ausrüstungsgegenständen, aber das hindert niemanden daran auf allen Spielpositionen Gas zu geben.
Ich habe hier in Strausberg viel gelacht, habe auch einmal, ein langer Tag in Sonne auf dem Trainingsfeld kann einen auch schon mal an die Leistungsgrenzen bringen, kurz nach einem besonders ordentlichen Block meiner Mitspielerin Sarah ein paar Tränchen vergossen. Aber was soll es, die blauen Flecken werden hier wie alte Kriegsnarben verglichen und bestaunt. Ich muss auch noch daran denken, mich bei meinem Defense-Line-Coach für seine Geduld zu bedanken…
Mein Defense-Line-Coach Markus Grässer und der Defense-Coordinator Daniel Koch geben ihr Bestes uns auf den kommenden ersten Gegner Schweden einzustellen. Die WM in Schweden hat bereits heute begonnen, unser erstes Spiel wird am Dienstag sein. Videoanlaysen, Walk-Throughs und Individuals, abgestimmt auf die verschiedenen Positionen im Feld, haben das einzige Ziel das Team als eins arbeiten zu lassen, um abgestimmt auf die Gastgeber vorbereitet zu sein.
Den heutigen Abend im Camp haben wir mit Packen verbracht. Wir haben noch diverse Kleidungsstücke erhalten, die uns als Mitglieder der Deutschen Nationalmannschaft ausweisen, aber damit hat uns das Komitee zugleich einen Gefallen getan und gleichzeitig so manche der Mädels nahe an einen Pack-Kollaps gebracht. Wie bereits bekannt, sind nur 20 Kg im Gepäck erlaubt und so sah man heute Abend diverse Mädchen und Frauen hektisch nach den Federwaagen für das Gepäck suchen. Wie nur alles in die Taschen packen? Was wird hier gelassen? Heute Abend kann keiner verleugnen, dass wir wirklich Mädchen sind…
Langsam wird es ruhig auf den Fluren und auch ich werde mich gleich schnellstmöglich in die Federn begeben. Mein Körper wird es mir danken. Jetzt ist es gleich 12 Uhr nachts und Frühstück wird morgen früh um sechs sein, damit wir uns gegen 7 Uhr auf den Weg zum Flughafen gen Stockholm machen können. Natürlich in unseren Deutschland-Trainingsanzügen.
Also werde ich nun meine restlichen Dinge zusammenklauben und auf den Tisch für morgen legen, damit ich flott aus dem Bett und zeitig in den Bus zum Flughafen komme.
Morgen Abend werde ich schon in Schweden sein und Dienstag mein erstes Spiel auf dem Weg zur Weltmeisterschaft beschreiten. Ich kann es immer noch kaum glauben.
26.06.10
Das Tempo im Training wird schneller. Die Vorbereitung auf Schweden beginnt.
Die Coaches ziehens tempo an und das Team geht mit. Es macht Spass zuzuschauen. Heute war die Presse da und das Team trainiert gerade mit den Spieltrikots. Die Trikots und Hosen waren heute das Thema Nummer eins. Gerade bei den Hosen passte nicht alles wie gewünscht. Die einen kamen überhaupt nicht rein, die anderen passten zweimal rein. Manchmal war die Größe M kleiner als S. Chaos zur Mittagszeit. Jetzt beim Training hat es sich etwas gelegt. Eine Lösung ist in Sicht, dazu aber später mehr.
Zum Pressetermin kam TV, Radio, lokale Presse und der Huddle. Jörn Maier und Daniel Koch standen Rede und Antwort in lockerer Runde.
Für mich steht jetzt die Abfahrt an. Das nächste Mal melde ich mich aus Schweden. Zusammen mit Thorsten Kunert fahre ichdas Equipment nach Stockholm und filme morgen dann die beiden ersten Begegnungen. Abfahrt ist um 17:30, um 22:30 nehmen wir die Fähre von Sassnitz und dannhaben wir noch 600 km von Trelleborg nach Stockholm vor uns. Am Vormittag wollen wir dann ankommen. Katrin Bartels als Chef de Mission ist bereits heute geflogen und nimmt am Technical Meeting teil. Thorsten hupt, ich muss los…..
25.06.10
Endlich geht es los.
Heute nacht hat mein Computer noch die Mails der letzten Wochen konvertiert und vom Desktop auf meinen Laptop kopiert.
Morgens früh war die Nacht um 5:00 Uhr zu Ende. Der Wecker klingelt so laut, als ob er die ganze Straße wecken will. Am Hauptbahnhof in Frankfurt treffen wir die vier Mainzer Mädels. Eigentlich erstmal nur nur drei, denn Michelle Schaffer kommt erst in letzter Minute. Ohne gemeinsam gebucht zu haben, sitzen wir im selben Wagon, nur eine Reihe voneinander entfernt. Da der Zug leer ist, flüchten die anderen Fahrgäste und lassen uns die acht Sitzplätze rund um die zwei Tische. Es wird viel erzählt und gelacht. Irgendwo hinter Fulda wird das Playbook rausgeholt und gelernt. Die eine Seite stellt mit Euro-Münzen und Ringen eine Offense. Sonja Meurer hat sich für alles einen Spickzettel. Wirklich für alles. Rebekka Braun callt die Defenseformation aus Kupfergeld und Birgit Schwenk spielt die Line-Stunts und Blitze. Der Schaffner schaut recht dämlich, als er vorbeikommt. Ich schaue auch etwas überrascht als eine Reihe weiter plötzlich Svenja Konoawalczyk vor mir steht. Die Kielerin arbeitet ja in Heidelberg und saß schon die ganze Zeit im Zug. Nur mit ihrer Schlafmaske habe ich sie nicht erkannt.
Mit 10 Minuten Verspätung kommen wir in Berlin an und müssen eine S-Bahn später nehmen. Aber Thorsten holt uns mit dem Wagen am Bahnhof ab. Die Mädels wählen als Alternative zum Laufen die Ladefläche des Sprinters. Während der fünf Minuten zum Sportpark ertönt aus dem dunklen Laderaum die Nationalhymne. Gut gelaunt treffen wir ein.
Hier ist schon alles perfekt vorbereitet. Christiane Langkamm hat im Orga Meeting Raum schon die Kaffemaschine angeschmissen. Auf unserem Zimmer liegen Plastikbeutel mit den neuen Klamotten. Toll, was alles auf die Beine gestellt wurde. Dank Spenden wurde das Paket um ein T-Shirt, eine Mütze, einen Schlüsselanhänger und eine Trinkflasche ergänzt. Besonders letztere ist bei dem Wetter sinnvoll. Jeder trägt seine Flasche mit sich rum, damit genug Wasser getrunken wird. Und natürlich wurde jede Flasche gleich mit dem Namen beschriftet. hier fühlt man sich willkommen, jetzt kann die Arbeit losgehen
01.06.10
Bei Facebook hat sich ein Fanclub für Quarterback Gabi Duvinage gegründet. Innerhalb von kurzer Zeit haben sich bereits 47 Mitglieder gefunden. Das Ziel des Fanclubs: Gabi soll für Deutschland starten!
Gabi Duvinage von den Nürnberg Hurricanes ist eine der wenigen Spielerinnen, die seit Beginn der Damenliga mit dabei sind. Für viele ist sie ein Symbol für Frauenfootball selber. Mit zwei Deutschen Meistertiteln und zahlreichen Siegen hat sie bewiesen, dass sie zu den besten Spielerinnen gehört. Durch ihre Einstellung zum Sport und zur Sportlichkeit hat sie sich den Respekt und Symphatie von sehr vielen Spielerinnen und Fans aus ganz Deutschland erworben.
Das Rennen um die große Aufgabe, Deutschland bei der WM als Quarterback zu führen und bei der historischen Premiere spielen zu dürfen, ist allerdings komplett offen. Neben Gabi Duvinage gehen noch Bathseba Buczylowski (Cologne Falconets) und Anjouly Eyfferth (Wolfenbüttel Black Widows) ins Rennen. „Alle drei haben in Silberborn gezeigt, dass sie das Zeug dazu haben, Deutschland bei der WM zu vertreten“ so Presseprecher Andreas Gebek. „sonst wären sie nicht nominiert worden. Wer sich am Ende durchsetzt, wird erst das Camp in Strausberg zeigen. Jede Quarterback hat hier die Chance, sich zu beweisen. Die Leistung im Camp entscheidet über die Spielanteile. Im Augenblick gibt es keine Reihenfolge. “
http://www.facebook.com/?ref=home#!/group.php?gid=128674237159662&v=wall
11.05.10
Hallo an alle Leser,
ich hoffe ihr habt die Zeit genutzt und den „WR Stance“ geübt?
Kommen wir nun zum „Wide Receiver Start“.
Nachdem wir unseren Stance in Form gebracht haben und bereit sind zu starten, müssen wir wissen wohin es überhaupt gehen soll.
Es gibt verschiedene Arten von Releases beim Start, da wäre zum einen der Klassische gerade aus (Vertical-), der direkte ( Attack-), der nach innen (Seam-) und der nach außen (Burst Release).
Vor dem Start solltest du dich immer mit den Schultern parallel zur LOS aufstellen damit niemandem deine Laufrichtung erahnen kann.
Der erste Schritt geht mit dem hinteren Fuß kraftvoll und schnell nach vorn. Die Länge des Schritts kann jeder für sich bestimmen wobei meine Empfehlung ein kürzerer Schritt ist um schneller wieder Boden zu finden. Mit dem zweiten, dritten und vierten Schritt die ebenfalls schnell gesetzt werden müssen wird man raumgreifender. Ein weiter Punkt der beachten werden muss ist die Körperhaltung. Wie schon beim Stance muss der Körper nach vorn ausgerichtet bleiben, ein gutes Beispiel dafür sind die Leichtathleten bei ihrem Start aus dem Startblock.
Solltet ihr euch entscheiden den „Vertical Release“ zu nutzen um in eure Passroute zu laufen solltet ihr wissen, dass ihr dafür eine menge Speed braucht. Vorteile: Der Verteidiger muss min. genauso viel Geschwindigkeit aufbauen können damit er an euch dran bleibt, er weiß nicht wohin ihr laufen wollt und kann es nur erahnen.
Mit diesem Start lauft ihr direkt auf den Verteidiger zu um ihn zu mitteln damit er nicht erkennen kann in welche Richtung ihr bei eurem break gehen werdet. Vorteile: Wie schon eben erwähnt er kann nicht erkennen wohin ihr laufen möchtet bzw. ob ihr ihn blocken wollt, er wird seine Hüfte zu früh öffnen und euch damit die Möglichkeit geben in die andere Richtung zu gehen. Nachteil: Solltet ihr euch zu spät für eine Richtung entscheiden und somit zu nahe vor dem Verteidiger sein könntet ihr auflaufen und somit wird euer Timing bzw. die Route zerstört.
Hierbei handelt es sich um das nach innen (Seam) und um das nach außen (Burst) Starten bevor euer Break in die Richtung eurer zu laufenden Route geht. Vorteile: Der Verteidiger dreht sich zu früh in die Richtung die ihr ihm mit schon beim Start vorgebt. Nachdem er sich geöffnet hat, habt ihr mit dem Break in eure Route mehr Separation zum Verteidiger z.B. Hitch (Burst Release) = DB öffnet sich nach außen. Sobald er sich gedreht hat habt ihr euren Break nach innen (zum QB).
Wichtigster Punkt der bei jedem Start Priorität hat ist, dass wir immer Separation zum Verteidiger herstellen müssen um dann den evtl. kommenden Ball ohne Behinderung fangen zu können. Wie auch schon beim Stance, Übung macht den Meister.
Euer Coach Trabi
„Be Prepared“ „Be on Time” „Be Perfect“ but „Be Flexible“
Coach Trabi’s Tips & Tricks sind eine Reihe von allgemeinen Beiträgen zu Techniken im American Football. Diese Techniken müssen nicht immer mit den in der Nationalmannschaft gecoachten Techniken überein stimmen. Alle Nationalspielerinnen wenden sich bei Fragen bitte an ihren Coordinator oder Position Coach.09.05.10
Ein kleiner Nachtrag aus dem Trainingscamp:
Das Team-Managment ist immer gut vorbereitet. Auch auf die meterologischen Verhältnisse. Keiner kann sagen dass die Kopf-Bekleidung von Mariam Khamsi-Strauch nicht angemessen war:
Oder war es doch nur der böse Fluch einer Self-fulfilling prophecy???
18.04.10
Ohne sie geht es nicht. Sie bleiben meist im Hintergrund, aber sie sorgen dafür das alles überhaupt erstmal funktioniert. Die Equipment-Manager.
Für unsere Nationalmannschaft konnte Christiane Langkamm zwei Orginale aus Berlin für uns gewinnen. Thorsten Kunert und Sonja Schmidt.
Ich persönlich beschleicht ja immer das Gefühl, dass alle Equipment-Manager miteinander verwandt sind. Ich habe mittlerweile viele Vereine und Auswahlmannschaften kennen gelernt und fast genauso viele Equipment-Manager. Man erkennt sie sofort. Ein wenig an der Optik, aber auf jeden Fall am Verhalten.
Es ist eine seltsame Mischung aus Service und Griesgrämigkeit. Wenn man etwas braucht, dann kommt ein altes Ritual in Gang: Ein abwiegendes Gesicht, ein prüfender Blick. Ein bisschen mürrisch wird dem Wunsch nachgekommen. Egal ob ich nur eine Schraube für den Helm, einen anderen Gatorade-Geschmack oder 10 Step-Over Backs haben wollte: Erstmal habe ich immer das Gefühl, dass mein Equipment-Manager das aus eigener Tasche zahlen muss. Aber dann, egal wie exotisch der Wunsch war, kommt ein: „Na klar“ , „Haben wir da“ oder „Da finden wir eine Lösung“. Und auf einmal können sie sogar freundlich lächeln.
So ein Exemplar ist auch Thorsten Kunert. Mit der Berliner Schnautze ausgestattet, aber auch mit dem großen Herzen. Wenn im Camp einem Trainer mal irgendein für das Training benötigter Gegenstand nicht direkt bereit stand, dann lag das höchstens daran, dass der Trainer nicht in dem Teil des Platzes war, wo er sein sollte.
Coach Trabi: „Thorsten, hast Du mal einen Ball?“
Thorsten: „Nö“
Coach Trabi: „Nicht mal einen?“
Thorsten: „Nö. Ich habe nur einen Ballsack und der liegt schon an Deinem Platz“.
Beim Frühstück nahm Thorsten die Bestellungen auf und lange vor dem Training war er bereits ständig überall unterwegs, damit später jeder richtig ausgestattet ist.
Das allzeit freundliche Gesicht unserers Duos war Sonja, die immer gute Laune versprühte und Thorsten tatkräftig unterstützte. Bei Wind und Regen waren beide draussen. Wir konnten vom Frühstückstisch aus sehen, wie beide den Platz inspizierten und vorbereiteten.
Ein ganzen Kastenwagen voller Equipment hatten die zwei dabei. Jerseys, Bälle, Stepover Backs, Shields, Cones, Gatorade, Obst, Becher, Handtücher, und so weiter. Die Liste ist endlos lang. Sogar ein Blockschlitten war mit dabei. Den brauchte am Ende aber niemand, weil der Trainingsplan ja mehrfach umgestellt wurde. Klar, dass Thorsten das am Ende noch mal erwähnen musste.
Nach dem Training wurde wieder alles eingesammtelt, sortiert, gereinigt und dann wurde sogar noch die Wäsche gewaschen. Alles war perfekt bis in letzte Detail organisiert.
Eine weitere Eigenschaft haben alle Equipment-Manager auch noch gemeinsam: Egal wie perfekt alles war, egal wie zufrieden wir mit ihnen waren: Es kann immer noch besser werden…. und sie wissen jetzt schon wie.
10.04.10
Alle Spielerinnen des erweiterten 75er Kaders, Coaches und Staff im Portrait
06.04.10
Wir haben Ostersonntag und ich bin mir noch immer nicht sicher, was ich von dem letzten Jahr halten soll. So footballtechnisch gesehen.
Beim Auswärtsspiel gegen Bochum eröffnet mir mein Mainzer Coach, dass er mich im Nationalkader haben will, und ich erwidere mit dem Brustton der Überzeugung: „Nein! So was werde ich definitiv nicht machen!“. Heute sitze ich am PC und lese mir zum wiederholten Male ungläubig Christianes E-Mail durch, in der steht, dass ich mit nach Stockholm fahren darf. (O.o)
Im Spätsommer kommt die Information, dass ich zum Tryout nach Köln eingeladen bin. Also gut, ich muss ja nicht alleine in die Höhle des Löwen und darf 5 meiner Teamkameradinnen mitnehmen. Das entspannt ungemein. Weniger entspannt – und mit einigen Debatten mit meinem Hausarzt verknüpft – sind die kaputten Außenbänder, die mich ins Tryout begleiten. Da musste ich mir schon einige Sprüche anhören „Ach, du bist eine von den Verrückten, die eine Woche vorm Tryout noch ein Scrimmage spielen!“ … „Ja, genau so eine von denen bin ich.“ Mein Kampfgeist ist geweckt! So was lasse ich doch nicht auf mir sitzen! ATTACKE!
Die Phase des Wartens beginnt. Mal aufgedreht, mal verzweifelt, mal euphorisch, mal am Rande des Wahnsinns. Mein näheres Umfeld muss einiges aushalten. Je näher der Januar kommt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich über Schweden, Weltmeisterschaften und Football rede. Wie gut, dass ich durch Schnee, Skier, Snowboards und Kinder abgelenkt bin. Am 7.1.2010 um 9:14H erschüttert ein Jubelschrei Österreich. Ich erhalte eine SMS aus good old Germany von Jörg: „Herzlichen Glückwunsch du bist drin, wie alle von uns auch!“ Das muss man erstmal verdauen und aufpassen, dass man nicht an seinem Nuttellabrötchen erstickt! \(*.*)/
Der März kommt und mit ihm die Nervosität. Im Büro werde ich regelmäßig gefragt, wann das Camp ist und ob man danach seine Puschel rausholen darf, um mein Cheerleader zu sein. In der Woche vor dem Camp habe ich es schwer, mich auf die Arbeit zu konzentrieren und mich nicht ausschließlich mit der Packliste, der Abfahrtszeit, dem Defense-Playbook und den letzten motivierenden Worten vom Coach zu beschäftigen. Gott sei dank ertrinke ich fast in Arbeit und kann so mein Nervenkostüm aufrechterhalten und muss keine Angst haben, vollkommen am Rad zu drehen.
Und dann ist er da. Der Tag, an dem es auf zu neuen Ufern geht. Der nächste Schritt auf dem Weg zu „Ruhm und Ehre“.
Nach einer schlaflosen Nacht sammel ich Sharon und Sonja in Mainz ein. Gemeinsam düsen wir 30 Kilometer weiter zu Becky, um dort Michelle zu treffen und ganz umweltschonend mit Erdgas nach Silberborn zu heizen. Zeit haben wir genug im Gepäck…Ach ja, Gepäck haben wir auch genug. Wären wir wie ursprünglich geplant zu sechst ins Camp gefahren, hätten wir ein echtes Platzproblem gehabt. Dabei war das Auto schon ein Van! (O.O)
Eigentlich hatten wir geplant, nochmal gemeinsam die Playbooks durchzugehen, letztendlich haben wir uns jedoch mit Beckys Soziologiezusammenfassung beschäftigt. Simmel und Co. begleiteten uns den ganzen Weg von Frankfurt nach Holzminden.
Silberborn, willkommen im Nirgendwo! Ich bin zwar ein Landkind, aber so ländlich brauche ich es eigentlich nicht. Gefühlte 50 Kilometer kein Aldi, kein Lidl und keine Tankstelle. Moment. Eine Tankstelle haben wir gefunden! Abstoppen, cutten und eng mit der Erdgassäule kuscheln. Wer weiß, ob die hier auf dem Land auch sonntags offen haben! Nein, so schlimm war es nicht. Wir sind nur von der falschen Seite gekommen. Von anderen erfahren wir am Wochenende, dass es 10 Minuten entfernt sogar einen McDonalds gibt! Unser Navi ist einfach diätfreundlich!
Das Wochenende ist schnell erzählt. Regen, Theorie, Regen, Training, essen, Regen, Theorie, Schlammschlacht, schlafen. Aufstehn, essen, Theorie, Schlammpackung aus gutem niedersächsischem Moorschlamm, essen, Theorie, noch mehr Schlamm, schlafen. Meine neue Waschmaschine wird sich freuen!
Essen. Wichtig! Wichtig! Leider ist die Küche nicht auf über 70 ausgehungerte Frauen ausgelegt…zumindest nicht freitagabends. Ich vermute, sie haben nicht mit dieser hungrigen Meute gerechnet, die sich wie Piranhias auf die Bratkartoffeln stürzt. Wer zuletzt kommt, der begnügt sich mit Brot und Salat. Frei nach dem Motto des Wochenendes „Be flexible“ Kommentar aus der Küche: „Die Bratkartoffeln waren doch nur Beilage!“ *LoL*
Die Küchenfeen haben gelernt. Samstags ist genug da und sonntags gibt es lecker schmecker Gemüsesuppe. Ein ordentliches Steak wäre mir persönlich lieber gewesen. (^.^)
Und dann war es auch schon vorbei, mit dieser Etappe. Montag morgen wandert die Wäsche in den Vollwaschautomaten und muss leider zweimal gewaschen werden, da sich Silberborner Schlamm tief in Poren setzt. Ich sitze wieder im Büro und genieße die Ruhe, die die Ferien so mit sich bringen. Bin ich erschöpft? Ja. Mental. Die innere Anspannung fällt ab und ich bin wieder im Hier und Jetzt. Zurück in der Realität. Meine innere Manöverkritik sagt mir, dass ich einiges hätte besser machen können. Die Bilder von Andy sprechen eine ähnliche Sprache. Die Trainingseinheiten zuhause sind wieder losgelöst von allem Stress, und ich empfinde es als echte Erholung, wieder mit meinen Mädels herumalbern zu können und zu wissen, dass dies der Bereich beim Football ist, bei dem ich einfach nur Spaß haben kann, ohne den Druck des Scoutings im Nacken zu spüren. Letztendlich sind es zwei Welten. Die Welt der Nationalmannschaft, in der ich Leistung bringen will, weil ich eben eine Nationalspielerin bin und somit einen Leistungssport mache, und die Welt im Verein, wo wir alle spielen, weil es uns Spaß macht und wo man auch mal „die Kekse auspackt“, beim Warmlaufen alberne, kindische Liedchen trällert und trotzdem gewinnen will.
Meine Familie, Freunde und Kollegen reagieren mit Jubel auf die E-Mail von Christiane und ich sitze wieder wie geplättet vor meinem Computer und frage mich, wo das vergangene Wochenende geblieben ist. Es ist wirklich surreal. Wir sind mit 5 Mädels aus Mainz nach Silberborn gefahren und fahren genauso weiter nach Schweden. Das Rookie-Team aus dem Süden, das im vergangenen Jahr aus der Taufe gehoben wurde, stellt nach zwei Erstligisten die meisten Spielerinnen der Natio. Und ich? Ich, die immer eine 4, wenn Volleyball gespielt wurde eine 3, in Sport hatte, steht bei einer Weltmeisterschaft im Kader und trägt die Farben ihrer Nation. Kann mich bitte mal jemand wecken? Das muss ein Traum sein! \(*.*)/